Tatort Altbau 4

Historische Fenster und Türen

Am 9. Oktober fand die vierte Veranstaltung der Reihe „Tatort Altbau – Energetische Optimierung historischer Baubustanz“ in Schloss Molsberg im Westerwald statt. Zentrales Thema war die energetische Optimierung historischer Fenster und Türen.

Historische Fenster und Türen
© HwK Koblenz

Professor Dr. Ing. Lothar Siebel von der Fachhochschule Aachen referierte über Fensterkonstruktionen in der baupraktischen Realität. Aus bauphysikalischer, aber auch gesundheitsschädigender Sicht erläuterte er die Auswirkungen hochisolierter Fenster sowohl auf die Bausubstanz als auch auf das menschliche Wohlbefinden. Zu dichte Räume begünstigen nicht nur die Schimmelbildung, sondern sorgen auch für ein unnatürliches Raumklima. Ein bestimmter Geräuschpegel sowie eine minimale Luftzirkulation sind ebenso wichtig für das Wohlbefinden wie das einfallende Tageslicht, das durch metallbeschichtete Isolierglasscheiben zunehmend „gefiltert“ und in seiner natürlichen Wirkung aus den Räumen verbannt wird. Gerade in unseren Regionen darf das Wohlfühlklima in den eigenen vier Wänden nicht unterschätzt werden. Die steten Forderungen nach immer „dichteren“ Häusern ignorieren nicht nur das Problem bauphysikalischer Zusammenhänge im Bauwerk, sondern auch die gesundheitlichen Spätfolgen für deren Bewohner.

Erhalt und Funktionsverbesserung historischer Türen und Fenstern

In einem zweiten Vortrag referierte der Tischlermeister und staatlich geprüfte Techniker für Baudenkmalpflege und Altbauerhaltung Martin Kämper von der Firma Kramp & Kramp über die fachgerechte Restaurierung historischer Türen. Er verwies auf die Grundsätze der Restaurierung: eine sorgfältige Bestandsaufnahme, Beschränkung der Eingriffe auf das Notwendigste, Erhalt auch nicht sichtbarer Teile, Verwendung authentischer Materialien und Handwerkstechniken, Reversibilität. Diese ethischen Richtlinien müssen der energetischen Optimierung historischer Ausbauteile nicht im Wege stehen. Denn hier gibt es Lösungen, die nicht nur den Bauherren, sondern auch den Denkmalpfleger durchaus zufriedenstellen können.

Hinzu kommt, dass die Kosten einer werterhaltenden Restaurierung die der Herstellung neuer Elemente nicht übersteigen müssen. Neben verschiedenen Dichtungsmöglichkeiten kann beispielsweise der Einbau eines Windfangs zur gewünschten Energieeinsparung führen, wenn der Raum dies zulässt. Bei Oberlichtern kommt wie auch bei Fenstern immer häufiger die Energiespar-Vorsatzscheibe zum Einsatz: Mit kleinen Ganzglas-Drehscharnieren wird das Glas ohne zusätzliche Rahmen direkt auf den historischen Holzflügel montiert. Durch eine Metalloxidbeschichtung erreicht das gehärtete sogenannte K-Glas einen Wärmedämmwert (Ug-Wert) von 1,9. Alternativ könnten dünne Isolierglasscheiben mit einem Ug-Wert von 1,95 auf Kosten des historischen Glases eingesetzt werden.

Gleiches gilt auch für Fenster, auf die sich der Techniker für Baudenkmalpflege und Altbausanierung Ivo-Andreas Piotrowicz von der Firma PaxClassic in seinem anschließenden Vortrag konzentrierte. Bei der energetisch optimierenden Umrüstung historischer Bauteile geht man zunächst von drei bestimmenden Faktoren aus: Wärmedämmung, Schalldämmung, Einbruchhemmung. An Praxisbeispielen stellte er der Erneuerung von Fenstern die Erhaltung und Funktionsverbesserung gegenüber und erläuterte neben den bauphysikalisch verträglichen auch die finanziellen Vor- und Nachteile einzelner Maßnahmen. Piotrowicz betonte, dass die energetische Optimierung durch Hinzufügen von Innenvorfenstern, Vorsatzscheiben oder der Austausch durch Isolierglas nicht nur Energie einsparend ist, sondern durchaus auch sicherheitstechnisch mit konventionellen Systemen mithalten kann.

Welche der drei Umrüstungsmöglichkeiten infrage kommt, hängt von den entsprechenden Voraussetzungen vor Ort ab. Den Nachteilen der Innenvorfenster, auch als Kastenfenster bekannt, wie der geringere Ug-Wert bis „nur“ 1,9, ein Verlust der Leibungstiefe und ein doppelter Pflege- und Wartungsaufwand, stellte er die Vorteile wie überschaubare Kosten, den Erhalt der Fenster, ein guter bis sehr guter Schallschutz sowie die Tatsache, dass es sich hierbei um die bauphysikalisch optimalste Lösung handelt, gegenüber. Die bereits beschriebenen Energiespar-Vorsatzscheiben sind in ihrer Schallschutzfunktion wie auch bei der Einbruchshemmung eingeschränkt und weisen ebenfalls „nur“ Ug-Werte bis etwa 1,9 auf, sie sind aber substanzschonend und bauphysikalisch verträglich, sorgen für einen unveränderten Lichteinfall, erzeugen keine Wartungs- und Folgekosten und erhalten die bauzeitliche Verglasung. Ein direkter Kostenvergleich zeigte: die Umrüstung eines Jugendstilfensters mit Energiespar-Vorsatzscheiben und Zugluftdichtungen kostete 6.000 Euro (inkl. MwSt.) und war somit 10.000 Euro günstiger als eine denkmalgerechte Erneuerung der Fenster mit Isolierglasscheiben und Zierprofilen.

Eine dritte Alternative bietet die Umrüstung der Fenster durch Isolierverglasung und gleichzeitigen Erhalt der Holzkonstruktion. Diese Maßnahmen sorgen für deutlich verbesserte Ug-Werte und können wirtschaftlich ebenfalls interessant sein, sind jedoch nicht für jedes Sprossensystem geeignet und führen zum Verlust historischer Verglasung. Eine substanzschonende energetische Optimierung historischer Fenster ist in der Regel machbar. Welche der vorgestellten Methoden die sinnvollste und wirtschaftlichste ist, hängt von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Grundsätzlich sind auch Bauanschlussfugen zu prüfen und ggf. zu optimieren.

Die Fenster von Schloss Molsberg

In einem abschließenden Werkbericht erläuterte der Fensterrestaurator Johannes Mosler aus Hadamar die verschiedenen Restaurierungs- und Umrüstungskonzepte der Fenster des Schlosses Molsberg. Mit einer Vielzahl aufgearbeiteter und unterschiedlich energetisch optimierter Fenster, bot der „Tatort“ den direkten Praxisbezug zum Thema. Schon bei der Begrüßung betonte der Gastgeber Emanuel Graf von Walderdorff, dass ihn die Maßnahmen zum Erhalt der Fenster voll und ganz überzeugt haben. Seit über zehn Jahren werden die Fenster Stück für Stück instandgesetzt. Erfahrungswerte zeigen: Besonders der Einsatz von lösungsmittelfreiem Leinöl für den Anstrich der Fenster erweist sich als gute Wahl zum Schutz nicht nur erhaltungswürdiger Fenster- und Türkonstruktionen. Die mit Pigmenten angerührte Leinölfarbe imprägniert, schützt und konserviert Holz und Eisen auf Fenstern, Fensterläden und Türen. Wenn die Oberflächen nach einiger Standzeit, und dies geschieht in der Regel nach einigen Jahren, matt wird, können sie durch Nachölen aufgefrischt und regeneriert werden.